Singen – eine klangvolle Atemübung
Ob in der Dusche oder im Auto, fürs kranke Kind oder für Opa zum Achtzigsten, es gibt viele Anlässe, in denen das Trällern eines Liedes die Stimmung hebt. Dass Singen aber nicht nur gute Laune macht, sondern viele positive Nebenwirkungen auf Körper und Seele hat, legen zahlreiche Untersuchungen nahe. In diesem Artikel beleuchten wir die klangvolle Freizeitbeschäftigung etwas näher.
Beim Thema Singen reagieren die Menschen sehr unterschiedlich. Die einen können es kaum abwarten, loszuschmettern, während andere betreten ihre Schuhe betrachten und schweigen. Wie steht es mit Ihnen? Zu welcher Gruppe gehören Sie? Um etwaige Bedenken aus dem Weg zu räumen, gleich eine wichtige Information vorweg:
Ich kann nicht singen – diese Ausrede gilt nicht
Singen, summen, trällern, zwitschern, tirilieren, grölen, brummen, jodeln, schmettern – irgendwo dazwischen finden die meisten Menschen ihre persönliche Wohlfühlstimme. Ein Lied zu singen hat nicht automatisch etwas mit Leistung oder ästhetischen Normen zu tun. Um vom Singen zu profitieren, müssen Sie nicht wie Pavarotti oder Adele klingen. Hier geht es nicht um professionellen Gesang, sondern um eine Freizeitbeschäftigung, die vielen Menschen Freude macht. Natürlich spricht nichts gegen künstlerischen Anspruch und wer Interesse hat, kann sich auch als Hobbysänger weiterbilden und die eigene Stimme trainieren. Verschwenden Sie jedoch keine Gedanken an Noten, Texte oder richtige Töne, wenn Sie das nicht wollen. Singen Sie einfach drauflos.
Perfekt eingestimmt
Jeder Mensch ist einzigartig und hat eine unverwechselbare Stimme, die oft viel über eine Person verrät. An der Stimme erkennt man meist, ob ein Mann oder eine Frau spricht, man kann das Alter häufig einschätzen und die Befindlichkeit, in der sich der Sprecher gerade befindet.
Unsere Persönlichkeit, Gefühle und Stimmungen schwingen oft in unserer Stimme mit.
Die Stimme existiert dabei nicht physisch, es gibt also nicht das eine Organ, das sie erzeugt. Es müssen vielmehr verschiedene Muskeln und Körperteile des Menschen zusammenspielen, damit hörbare Töne entstehen. Eine wichtige Funktion erfüllen dabei die Stimmlippen, die im Inneren des Kehlkopfes liegen. Dieser befindet sich in der mittleren Halsregion und liegt damit an einer interessanten Position – der Verbindungsstelle zwischen Kopf und Körper. Die Aussage, dass die Stimme Körper und Geist verbindet, würden sicher viele Sänger bestätigen, denn Singen ist sowohl eine körperliche als auch eine sinnliche Erfahrung.
Die Basis für jeden Ton bildet der Atem – genauer gesagt die Ausatmung. Diese versetzt die elastischen Stimmlippen in Schwingung. So entsteht zunächst ein Summton im Kehlkopf, der jedoch noch nicht besonders laut ist. Erst die Resonanzräume, die überwiegend in unserem Kopf zu finden sind, verstärken den Ton. Sie spielen auch eine Rolle bei der Klangfarbe der Stimme. Wie wir beim Singen klingen, wird also auch durch unsere Anatomie bestimmt.
Ist Singen gesund?
Bisher konnten Wissenschaftler nicht zweifelsfrei beweisen, dass singende Menschen gesünder wären als nicht singende Menschen, oder dass sie seltener krank sind. Das liegt auch daran, dass wissenschaftliche Studien bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen, damit sie konkrete Ergebnisse liefern können. Da Singen ein komplexer Vorgang ist und kein Medikament, das man einem Menschen unter definierten Bedingungen verabreicht, ist die Forschung auf diesem Gebiet nicht ganz einfach. Es gibt dennoch eine Vielzahl an Untersuchungen zu diesem Thema. Ein Forscherteam um Stephen Clift, den Direktor der Canterbury Christ Church University, hat zahlreiche Veröffentlichungen zum Effekt des Singens gesichtet und ausgewertet. Was die Forscher dabei herausfiltern konnten, wurde in einem 135-seitigen Bericht veröffentlicht. Sie haben die positiven Auswirkungen des Singens unter anderem wie folgt zusammengefasst: 1
Singen...
... entspannt körperlich
... vermindert Stress und bewirkt ein emotionales Loslassen
... macht glücklich und sorgt für gute Stimmung, Heiterkeit, Freude und Hochgefühle
... steigert das Gefühl von persönlichem, emotionalem und körperlichem Wohlbefinden
... regt an und hebt das Energieniveau
... stimuliert Denkfähigkeiten, wie Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis und Aufnahmefähigkeit
... vermittelt das Gefühl, in einer Beschäftigung ganz aufzugehen
... sorgt für ein Gefühl der Verbundenheit, durch die gemeinsame Aktivität
... bringt Menschen in Kontakt mit Gleichgesinnten
... hilft bei der Entwicklung von unterstützenden Freundschaften und konstruktiven Beziehungen
... ist gut für die Seele und schafft Abstand vom Alltag
... steigert die Selbstsicherheit und Selbstwertschätzung
... lindert langwierige psychologische und soziale Probleme
... trainiert körperliche Systeme, insbesondere die Lungen
... stärkt das eigene Muskel-Skelett-System und verbessert die Haltung
Auch wenn die Wissenschaft bisher keine eindeutigen Beweise für die vielfältigen Vorteile des Singens liefern konnte: Vieles spricht dafür, dass Singen uns gesünder und glücklicher macht. Es lohnt sich auf jeden Fall, es auszuprobieren.
Chor oder Karaoke, Bad oder Band
Im Jahr 2018 waren bundesweit insgesamt rund 15.000 Chöre im Deutschen Chorverband organisiert.1 Nicht alle Chöre sind für Neueinsteiger offen und bei einigen Chören muss man zunächst vorsingen. Es gibt jedoch viele Laienchöre, die sich über neue Mitsänger freuen. Kirchenmusik, Gospel, Jazz, Pop, Weltmusik, Folk, … die Auswahl an Musikrichtungen ist groß, vor allem in Ballungsgebieten.
Nicht in allen Chören muss man Noten lesen können. Einige Chorleiter setzen auf das Prinzip, Lieder über das Gehör zu vermitteln, und manche Chormitglieder nutzen Notenblätter ohnehin nur zur ungefähren Orientierung. Wir empfehlen, einfach auszuprobieren, mit welchem System Sie sich besser fühlen und einen entsprechenden Chor zu suchen.
Wer sich nicht verpflichten oder auf einen regelmäßigen Termin festlegen möchte, ist wahrscheinlich in einer offenen Singgruppe besser aufgehoben. Ob Weltmusik oder Mantra-Chanting, es gibt viele Singkreise, die jedem offenstehen. Auch das Angebot an Sing- oder Summ-Meditationen wächst stetig.
Und dann gibt es da noch die vielen Gelegenheiten im Alltag. Für Fußballfans bietet sich das Grölen im Stadion an. Eltern finden in ihren Kindern oft begeisterte Zuhörer und Mitsänger. Der Klassiker – unter der Dusche – geht immer. Mit einem Lied auf den Lippen macht der Hausputz gleich mehr Spaß, eine lange Autofahrt lässt sich singend besser meistern und auch die Freizeitgestaltung mit Freunden kann man mit einem Song aufpeppen – und das nicht nur beim Karaoke oder am Lagerfeuer.
Erheben Sie Ihre Stimme! Singen Sie ein Lied oder trällern Sie eine Melodie und bringen Sie mehr Stimmung in Ihren Alltag.
Referenzen:
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Statista. Anzahl der Chöre in Deutschland von 2002 bis 2018. de.statista.com/statistik/daten/studie/2837/umfrage/entwicklung-der-anzahl-der-choere-in-deutschland-seit-2002/, Datum des letzten Abrufs: 24.06.2021.