Therapiemöglichkeiten bei Migräne

Wer Migräne hat, lebt mit wiederkehrenden Kopfschmerzattacken, sodass der Alltag der Betroffenen enorm belastet sein kann. Die Schmerzen und einige Begleiterscheinungen lassen sich mit Schmerzmitteln oder speziellen Migränemedikamenten lindern. Doch viele Menschen, die unter Migräne leiden, möchten nicht erst aktiv werden, wenn die Beschwerden schon akut sind. Sie wollen zukünftigen Attacken vorbeugen. Wir geben eine Übersicht über Behandlungsmöglichkeiten akuter Migräneattacken und über Möglichkeiten zur Migräneprophylaxe.

Die Behandlung akuter Migräneattacken

Zur medikamentösen Therapie einer akuten Migräneattacke gehören Schmerzmittel und spezielle verschreibungspflichtige Migränemedikamente, die allein oder in Kombination angewendet werden können. Zudem können Medikamente gegen Übelkeit eingesetzt werden. 1

Schmerzmittel 

Schmerzmittel hemmen die Produktion körpereigener Botenstoffe, die für die Schmerzwahrnehmung mitverantwortlich sind. Für Risikopatienten mit Leber- oder Nierenvorerkrankungen sind Schmerzmittel nicht geeignet. Schmerzmittel werden meist in der Leber oder Niere abgebaut. Sind diese vorgeschädigt, kann der Abbau nicht richtig stattfinden, die Schmerzmittel reichern sich an und führen so zu weiteren Organschäden. Bei Übergebrauch können Schmerzmittel sogar selbst Kopfschmerzen verursachen. 2

Obwohl es viele Schmerzmittel rezeptfrei in der Apotheke zu kaufen gibt, sollten Sie sich von Ihrem Arzt beraten lassen, um eine für Sie geeignete Therapie zu finden. 

Medikamente gegen Übelkeit und Brechreiz

Übelkeit und Erbrechen gehören zu den charakteristischen Symptomen der Migräne. Durch den Einsatz sogenannter Antiemetika lassen sich diese Begleiterscheinungen meist lindern. Sie regen die Magen-Darm-Tätigkeit an und verringern so Übelkeit und Brechreiz. 1 Damit schaffen sie auch die Voraussetzung dafür, dass Medikamente im Körper bleiben. Zu den selten auftretenden Nebenwirkungen von Antiemetika zählen unter anderem Müdigkeit, Schwäche, Stimmungsveränderungen und Ausschlag.

Migränemedikamente

Migränemedikamente wie z.B. Triptane und Ergotamine wurden speziell zur Behandlung von Migräne entwickelt. Sie verengen Blutgefäße im Gehirn und hemmen so die Freisetzung von entzündungsfördernden Eiweißstoffen, sogenannten Neuropeptiden. Dadurch bremsen sie die Weiterleitung von Schmerzimpulsen. Sie können auch Symptome wie Übelkeit und Lichtempfindlichkeit lindern. Migränemedikamente können einige Nebenwirkungen haben. Hierzu zählen unter anderem Missempfindungen. Außerdem ist die Behandlung nicht geeignet für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 1

Achtung: Das sollten Sie bei der Medikamenteneinnahme beachten
Medikamente können bei zu häufiger Einnahme selbst Kopfschmerzen verursachen. Man spricht dann von Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch. Deshalb sollten Triptane nicht an mehr als 10 Tagen pro Monat über drei Monate angewendet werden. Schmerzmittel sollten Sie nicht an mehr als 15 Tagen pro Monat über drei Monate einnehmen. 2


Medikamente für eine prophylaktische Migränetherapie

Von einer Migräneprophylaxe könnten – laut einer amerikanischen Publikation aus dem Jahr 2020 - 38 % der Betroffenen profitieren – auch Patienten, die nicht auf eine Akuttherapie ansprechen – doch bisher erhalten nur 3–13 % eine Prophylaxe. 3

Die meisten Medikamente zur Migräneprophylaxe wurden ursprünglich zur Behandlung anderer Erkrankungen entwickelt. Sie entpuppten sich erst später als wirksame Mittel zur Migränevorbeugung. Unter anderem werden folgende Medikamente verwendet:

  • Betablocker haben ein vielseitiges Wirkungsprofil. Sie senken den Blutdruck und die Herzfrequenz, was sich auch positiv auf die Schmerzempfindung bei Migräne auswirkt. Außerdem wirken Betablocker auf bestimmte Rezeptoren, was zu einer verlangsamten Schmerzweiterleitung führt. 1
  • Kalziumkanalblocker hemmen das Einströmen von Kalzium-Ionen in das Muskelinnere und erweitern so die Blutgefäße. Deswegen werden sie hauptsächlich zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzerkrankungen verwendet. 1
  • Antiepileptika* haben eine krampflösende Wirkung und wurden ursprünglich zur Behandlung von Epilepsie entwickelt. 1
  • Neurotoxine, die bei der Migräneprophylaxe eingesetzt werden, sind spezielle Bakteriengifte. Diese sind zur Behandlung chronischer Migräne zugelassen. 1
  • Antidepressiva sind bei Migräne nur begrenzt wirksam. Sie werden zur Prophylaxe und in Kombination mit anderen Medikamenten gegeben, oder wenn eine zusätzliche Depression besteht. 1

Anti-CGRP-Antikörper

Im Gegensatz zu vielen anderen Präparaten zur Migräneprophylaxe sind Anti-CGRP-Antikörper speziell für die Migräneprophylaxe entwickelt worden. Sie können nach erfolglosen Vortherapien verschrieben werden, das heißt, wenn andere Medikamente nicht verabreicht werden dürfen, nur unzureichend wirken oder Unverträglichkeiten gegen bestimmte Wirkstoffklassen vorliegen. 4

CGRP im gesunden Gehirn 

Das Neuropeptid CGRP ist im Nervensystem weit verbreitet. Es wirkt sich auf viele Systeme des Körpers aus. Im Zentralnervensystem spielt es eine Rolle bei der Übermittlung von Sinnesempfindungen, einschließlich der Schmerzweiterleitung. Im Herz-Kreislauf-System ist es an der Erhaltung der sogenannten Homöostase beteiligt. 

CGRP und Migräne 

Forscher haben festgestellt, dass bei einer Migräneattacke die CGRP-Konzentration in Blut und Tränenflüssigkeit tendenziell ansteigt. 5 Außerdem ist CGRP an folgenden Prozessen beteiligt, die für die Entstehung einer Migräneattacke verantwortlich sind: 4

  • der Ausdehnung von Blutgefäßen im Gehirn und der Dura mater (eine der Hirnhäute, die besonders schmerzempfindlich ist)
  • der Übertragung von Schmerzsignalen von Blutgefäßen im Kopf an das Nervensystem 
  • der Freisetzung von Entzündungsbotenstoffen 
Gut zu wissen: Neben medikamentöser Prophylaxe können auch eine Ernährungsumstellung, Sport oder Entspannungstechniken zukünftige Migräneattacken vorbeugen. Außerdem kann eine präventive Therapie das Ansprechen auf eine Akuttherapie und die Lebensqualität verbessern.


Für wen eignet sich eine prophylaktische Behandlung?

Welcher Therapieansatz am besten passt, ist individuell zu entscheiden und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wenn Sie durch Ihre Migräneattacken im Alltag und in Ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt sind, spricht dies für eine Prophylaxebehandlung. Es ist sehr wichtig, dass Sie mit Ihrem Arzt besprechen, welche Therapie für Sie infrage kommt, um die Vor- und Nachteile abzuwägen, Risiken und Nebenwirkungen einzudämmen und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auszuschließen.

Eine medikamentöse Prophylaxetherapie wird zusätzlich empfohlen, wenn 1

  • monatlich mindestens drei Migräneattacken auftreten
  • die Anfälle regelmäßig länger als drei Tage andauern 
  • die Zahl der Migräneattacken mit der Zeit zunimmt
  • die Lebensqualität durch die Migräne stark eingeschränkt ist
  • der Patient nicht auf eine Akuttherapie anspricht
  • Medikamente gegen akute Beschwerden nicht infrage kommen z. B. wegen Unverträglichkeiten 
  • Medikamente gegen akute Beschwerden an mehr als zehn Tagen pro Monat nötig sind

Prophylaktische Medikamente werden unabhängig von akuten Beschwerden regelmäßig über einen längeren Zeitraum eingenommen. 

Viele Fachleute erkennen eine medikamentöse Prophylaxe meist dann als erfolgreich an, wenn es gelingt, die Anzahl der Migräneattacken zu halbieren. Um den Erfolg der Therapie verfolgen zu können, ist es daher hilfreich, ein Migräne-Tagebuch zu führen. 

Um Nebenwirkungen möglichst gering zu halten, beginnt die Migräneprophylaxe in der Regel mit einer niedrigen Medikamentendosis und wird dann langsam erhöht. Wenn eine Verbesserung der Migränebeschwerden auch dann nicht eintritt, ist es ratsam, mit dem Arzt alternative Optionen zu besprechen. Heutzutage gibt es viele Therapieansätze und es ist möglich, für jeden Patienten die bestmögliche Behandlung zu finden. 

Referenzen:


Referenzen:

  1. Back to contents.

    Diener H.-C., Gaul C., Kropp P. et al., Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1- Leitlinie, 2018, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: http://www.dgn.org/leitlinien"www.dgn.org/leitlinien, Datum des letzten Abrufs: 16.02.2022.

  2. Back to contents.

    Diener H.-C., Gaul C., Kropp P. et al., Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH), S1-Leitlinie, 2018; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: http://www.dgn.org/leitlinien"www.dgn.org/leitlinien, Datum des letzten Abrufs: 16.02.2022.

  3. Back to contents.

    Kumar A, Kadian R. Migraine Prophylaxis. [Updated 2020 Oct 27]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2021 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK507873/, Datum des letzten Abrufs: 16.02.2022.

  4. Back to contents.

    Diener H.-C., May A. et al., Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Antikörpern gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor, Ergänzung der S1-Leitlinie Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, 2019, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online:  http://www.dgn.org/leitlinien"www.dgn.org/leitlinien, Datum des letzten Abrufs: 16.02.2022.

  5. Back to contents.

    Kamm K et al., Cephalalgia 2019; 39(12): 1535–1543.

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Ilustration einer Person, die sich den schmerzenden Kopf hält.

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